Mehr Erkenntnisse mit benutzerdefinierten Segmenten

Ein starker Hebel bei der Analyse von Daten sind Segmente. Doch allzu oft werden sie beim „Gang“ durch die Analyse-Daten ignoriert. Der Beitrag zeigt dir, was sie können und wie sie erstellt werden.

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Wenn es um die Analyse von Datensätzen geht, ist einer der größten Hebel überhaupt die „Segmentierung“. Ohne sie ist es beinahe unmöglich zu echten, ernstzunehmenden Insights zu gelangen. Denn nicht im Durchschnitt der vielen Zahlen im Webanalyse-Tool liegt die Erkenntnis, sondern in den darunterliegenden „Zwiebelschichten“ – also den einzelnen Bestandteilen der Daten und deren Zustandekommen.

Doch wie kann dich die Segmentierung dabei unterstützen, diese Zwiebelschichten aufzudecken und ihre Erkenntnisse preiszugeben?

Google Analytics und seine Segmente

Die in vielen Webanalyse-Tools verfügbaren Segmente sind im Grunde genommen Gruppierungen von Benutzern anhand bestimmter Regeln. Vor allem in Google Analytics fidnest du werkseitig bereits recht viele dieser hilfreichen Teilmengen der Besucher, zum Beispiel die Unterteilung nach Geräteklassen oder neuen und wiederkehrenden Nutzern.

Grundsätzlich gibt es in den Tools mehrere Möglichkeiten zu segmentieren. Zum einen die dafür vorgesehenen (klassischen) Segmente, die auch Bestandteil dieses Beitrags sind. Darüber hinaus kannst du anderweitige Segmente auch auf anderen Wegen erstellen, die aber hier nicht das Thema sein sollen. Als Beispiele etwa benutzerdefinierte Dimensionen, sekundäre Dimensionen, Zeitauswahl, Filter, benutzerdefinierte Berichte usw.

Wenn du Segmente oberhalb der Charts in den Reports von Google Analytics auswählst, untergliedern sie die Berichte in die entsprechenden Gruppierungen.

Abb. 1: Segmente findest du zumeist oberhalb der Charts. Sie untergliedern die darunterliegenden Grafiken – hier „Alle Nutzer“ zusätzlich „Safari-Browser-Nutzern“ – …
Abb. 2: … sowie die dazugehörigen Tabellen.

Für intensive Analysen ist die Einblendung von bis zu vier Segmenten möglich. So kannst du schnell Vergleiche zwischen verschiedenen Gruppierungen anstellen. Um das Beispiel aufzugreifen, ließen sich etwa verschiedene Browser oder gar Browserversionen gegeneinander darstellen, um z. B. technische Schwierigkeiten mit bestimmten Browsern zu erkennen. Oder das Verhalten von neuen und wiederkehrenden Nutzern lässt sich gegenüberstellen. Und das nicht nur in einem Bericht und vorübergehend, sondern in den allermeisten Berichten von Google Analytics bleiben die Segmente ausgewählt, bis du sie wieder entfernst.

Benutzerdefiniert oder nicht?

Viele Segmente sind bereits durch Google Analytics systemseitig vorgegeben. Mit ihnen kannst du bereits diverse rudimentäre Fragestellungen gut untersuchen. Neben dem klassischen Segment „Alle Nutzer“ sind dies u. a.:

  • Absprung-Sitzungen
  • direkter Traffic
  • (Nutzer) hat gekauft
  • Mobile Traffic
  • Nutzer mit mehr als einer Sitzung
  • organischer Traffic (gleichsam bezahlter und Verweis-Traffic)
  • neue/wiederkehrende Nutzer
  • Sitzungen mit Conversions

und viele mehr.

Doch wie so oft im Analysten-Leben gilt: Erst müssen die passenden Fragen her, bevor man sich um die Datenerhebung dazu kümmert. Bedeutet: Oftmals helfen dir diese einfachen Segmente bei speziellen Fragestellungen nicht wirklich weiter. Und genau an der Stelle kommen benutzerdefinierte Segmente ins Spiel.

Denn mit ihnen hast du die Chance, sehr speziell auf dein eigenes Setup in der Webanalyse einzugehen. Wenn deine Website also beispielsweise neben Seitenaufrufen sehr viele Ereignisse an die Google Analytics Property sendet (um etwa Mikroziel-Erreichungen zu dokumentieren, die kleineren wichtigen Zwischenschritte vor dem Kauf, etwa bei Shops), ergibt es oft Sinn spezielle Segmente für bestimmte Ereignisse einzurichten. So kannst du überprüfen, wie sich Benutzer mit oder ohne diese Ereignisse voneinander unterscheiden – oder wo sie sich gleichen.

So werden benutzerdefinierte Segmente eingerichtet

Bei benutzerdefinierten Segmenten können Metriken und Dimensionen, die in unserem Webanalyse-Tool vorhanden sind, so kombiniert werden, wie du das möchtest. Eine Dimension dokumentiert dabei das „Was“, Metriken beschreiben in der Regel das „Wie viel“. Ohne sie wären die Tabellen in Google Analytics oder anderen Tools leer, denn in den meisten findet sich in der ersten Spalte eine Dimension, in den Folgespalten hingegen dazugehörige Metriken.

Ein benutzerdefiniertes Segment ist recht einfach zu erstellen. Im Grunde genommen musst du nur aus einer Auswahlliste diverse Kriterien anklicken und schon ist es erledigt (Abbildungen 2 und 3 am Beispiel „Sitzungen aus organischer Google-Suche“).

Abb. 3: Neues Segment anlegen (rot)

Nach Klick auf „Segment hinzufügen“ oberhalb des Charts bietet dir ein prominenter roter Knopf die Erstellung eines neuen an (s. Abb. 3).

Abb. 4: So wird ein benutzerdefiniertes Segment mit Leben gefüllt. Rechts wird dann die Nutzer- und Sitzungszahl gezeigt, die auf die Kriterien matcht.

Danach kannst du aus verschiedenen Optionen wie Demografie, Technologie, Verhalten und Conversion die passenden wählen (s. Abb. 4). Bitte – wenn die Option greifbar ist – immer auswählen, ob man auf Nutzerbasis segmentieren möchte (also auch mehrere Sitzungen des gleichen Nutzers) oder „nur“ auf Session-Basis.

Auch bist du in der Lage bei jeder Option auszuwählen, ob du sie inkludieren oder exkludieren möchte (s. Abb. 5). So bist du sehr flexibel bei der Zusammenstellung.

Abb. 5: Diverse Optionen, wie eine Bedingung zutreffen soll

Das Segment erzeugt zur Laufzeit im rechten Bereich eine Art „Vorschau“, wie viele Nutzer oder Sitzungen auf die gewählten Kriterien passen. Das hilft dir mitunter vorab beurteilen zu können, ob das Segment Relevanz hat oder nicht.

Oberhalb der Live-Berechnung ist außerdem ein recht wichtiges Auswahl-Feld zu sehen, das allzu oft vergessen wird (s. Abb. 6 und 7). Dieses definiert, in welchen Datenansichten das Segment zu sehen sein wird und ob andere Zugriff auf dieses haben.

Abb. 6: Nicht vergessen …
Abb. 7: … die Einstellungen zur Sichtbarkeit für das Segment zu definieren.

Tiefgang mithilfe von benutzerdefinierten Segmenten

Doch, wie schon erwähnt, ist dir mit diesem „Klickibunti“-Verfahren noch kein besonderer Tiefgang garantiert. Das heißt je genauer du die zu untersuchende Gruppe herauslösen willst, desto (in der Regel) mehr Kriterien muss dein Segment erfüllen.

Wenn du also wissen möchtest, wie sich Besucher aus organischen Quellen verhalten, die auf einer bestimmten Landing Page ankamen und im Verlaufe ihrer Sitzung konvertiert haben, kannst du dir hierfür ein spezielles, eben benutzerdefiniertes Segment erstellen.

Wie ein solches Segment erstellt wird, liest du hier:

Abb. 8: „Bedingungen“ ermöglichen beinahe beliebige Konditionen zu kombinieren.

Abbildung 8 zeigt dir, wie du nach Klick auf „Neues Segment anlegen“ im linken Menü recht schnell in den Bereich „Bedingungen“ wechseln kannst. Dort steht zuoberst die Frage zu beantworten, ob du „Nutzer“ oder „Sitzungen“ ausgewertet haben möchtest und ob die folgenden Bedingungen inkludiert oder exkludiert werden – du kannst sie dabei mit „und“ oder „oder“ verknüpfen.

Das hat entscheidende Auswirkungen. Wer hier z. B. „Nutzer“ auswählt, wählt in der Folge Bedingungen aus, die in irgendeiner der Sitzungen dieses Nutzers zugetroffen haben. Das führt mitunter zu merkwürdigen Interpretationsmöglichkeiten der resultierenden Daten. Erst wenn jedem Nutzer des Segmentes klar ist, dass hier sitzungs-übergreifend gearbeitet wird, solltest du mit dieser Auswahl arbeiten.

Ein Tipp dabei: Schon in der Bezeichnung des Segmentes solltest du klar machen, ob es sich um ein Nutzer-basiertes oder Session-basiertes Segment handelt, beispielsweise, indem du dort in Klammern ein „(S)“ oder „(N)“ ergänzt (s. Abb. 9).

Abb. 9: Klar machen, ob das Segment „Sitzungen“ oder „Nutzer“ zeigt.

In der Folge können in verschiedenen Dimensionen Werte abgefragt werden, beispielsweise ob in der Dimension „Medium“ steht, dass es „organic“ Traffic war, oder auch die Zielseite oder ob Metriken einen bestimmten Wert enthalten, wie im Beispiel etwa Transaktionen > 0.

Mit den hier möglichen Kombinationen kannst du nun beinahe beliebige Felder abdecken. Und dann ist natürlich deine entsprechende Webanalyse-Strategie bzw. passende Fragestellung gefragt, die im Unternehmen vorherrscht.

Wenn ihr euch im Unternehmen also beispielsweise derzeit mit den Auswirkungen der neuen Intelligent Tracking Prevention auseinandersetzt, seid ihr möglicherweise neugierig darauf, ob bestimmte Browser-Versionen von Safari zu mehr neuen Nutzern geführt haben und wie sich daraufhin das Verhalten der Nutzer und die dazugehörigen Conversions verändert haben. Einfach ein Segment mit den Einstellungen „Technologie“ ->„Browser“ = Safari -> Browser-Version = „12.1“ -> Betriebssystem = „Macintosh“ wählen und dann auf die Daten loslassen, z. B. auf den Bericht „Neu und wiederkehrend“ unterhalb des „Zielgruppen“-Menüpunktes und sich dort die Auswirkungen der neuen ITP-Regel anzuschauen.

Unterschätzt: „Abfolgen“

Die oben genannte Möglichkeit der „Bedingungen“ für Segmente ist schon sehr wertvoll und mächtig. Doch sie hat einen kongenialen Partner, der eine weitere Ebene eröffnet: die Abfolge-Segmente (oder Englisch: „Sequences“).

In dieser Segment-Art kannst du nicht nur einzelne Dimensions- und Metrik-Regeln definieren, wie ich sie dir oben schon gezeigt habe. Du kannst vielmehr Reihenfolgen dieser Definitionen erstellen.

Ein Beispiel: Wenn du mithilfe eines Segmentes die Besucher zeigen möchtest, die zunächst via Verweis auf einer bestimmten Landingpage ankamen, um dann im unmittelbar nächsten Schritt die Angebotsseite zu besuchen und irgendwann danach in dieser Analytics-Sitzung ein bestimmtes Ereignis ausgelöst zu haben – dann bist du bei den Abfolge-Segmenten richtig.

Das Ganze funktioniert auch sitzungsübergreifend.

Tipp: „Gegensegmente“ erstellen

Segmente untereinander zu vergleichen ist oft extrem hilfreich, um zu verstehen, wie sich einzelne Nutzergruppen verhalten. Damit du aber nicht ein Segment immer mit der Grundgesamtheit („Alle Nutzer“) vergleichst, in der ja auch Mitglieder des Segmentes Bestandteil sind, kannst du die Möglichkeit eines „Gegensegmentes“ nutzen.

Dieses kannst du auf verschiedene Arten anlegen. Welche das ist, hängt von der Art des ersten Segmentes und der Fragestellung ab. Beispiel: Wenn du ein Segment erstellt hat „Sitzungen durch organische Suche“ (s. Abb. 10) kann im Gegensegment genau diese organischen Besucher ausschließen (s. Abb. 11).

Abb. 10: Segment „Organic Traffic“ (sitzungsbasiert). Es zeigt 28,76 % der Sitzungen an (rechts)
Abb. 11: Das Gegensegment schließt „organic“ aus (und man erhält 71,24 % der Sitzungen)

Bei bestimmten Gruppierungen muss aber überlegt werden, was denn genau das Gegensegment darstellen könnte. Etwa bei der Auswahl demografischer Merkmale. Wenn du also als Segment anlegst „Frauen 18-24“ (s. Abb. 12), könntest du dir folgende „Gegensegmente“ überlegen:

  • „Männer 18-24“
  • „Männer und Unbekanntes Geschlecht 18-24“
  • „Frauen 25+“
Abb. 12: Was ist das „Gegensegment“ zu dieser Gruppierung?

Fazit: Ohne Segmente geht’s nicht

Segmente bieten dir eine tolle Möglichkeit, deine eigenen Daten besser zu interpretieren und somit Erkenntnisse zu erzeugen, die beim bloßen Betrachten von Durchschnittswerten nicht möglich wären. Wie du Segmente aufbaust, ist dabei im Wesentlichen von der Fragestellung und den erhobenen Daten abhängig. Aber durch ihre viele Optionen sind sie unschlagbar in puncto Analyse.

Maik Bruns

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